Die Technik
In unserer Rösterei arbeitet eine altehrwürdige Has Garanti Maschine aus der Türkei von ca. 1980. Wir mussten lange suchen um exakt so eine Maschine mit gusseiserner, handgearbeiteter, ausreichend großer Trommel zu finden. Das Geheimnis einer wirklich guten Röstmaschine liegt in der Wärmeübertragung der Rösttrommel. Jeder der schonmal auf einem Gasherd mit Gusspfanne gebraten hat, kann intuitiv den Vorteil dieses Materials über direktem Feuer nachvollziehen. Auch beim Kaffeerösten werden, ähnlich wie Bratkartoffeln auf dem Herd, Aminverbindungen mittels Maillard-Reaktion umgebaut, wobei die relativ schlechte Wärmeleitfähigkeit von Gusseisen unserer Kaffeeröstmaschine dafür ein vorteilhaftes Verhältnis von Kontakt- und Strahlungswärme bei stabiler Temperaturkurve beschert. Dies erfordert durch das trägere Reagieren auf Änderungen der Hitzezufuhr allerdings auch ein vorausschauenderes Rösten als z.B. bei modernen Geräten mit Edelstahl-Trommel. Da zudem die türkische Röstmaschinen-Fabrikation von vor 40 Jahren die Parameter und Hilfsmittel „modernen“ Röstens noch nicht kannte, mussten wir unser Gerät für mehr Röstkomfort aufrüsten. Insgesamt 4 Typ-K Thermoelemente geben nun via USB-Interface und Artisan-Röstsoftware über den Temperaturverlauf an verschiedenen Stellen innerhalb des Rösters Auskunft, wobei Art, Durchmesser, genaue Position und die auswertenden Softwareparameter natürlich nicht dem Zufall überlassen wurden.
Die Röstung
Durch die computergestützte Rückmeldung über den Temperaturverlauf können wir vorausschauender arbeiten, die Röstkurve für jede Sorte optimieren und eine Wiederholbarkeit gewährleisten. Rohkaffee reagiert je nach Dichte, Wassergehalt und Größe sehr unterschiedlich, und so passen wir unsere Röstkurve durch gezieltes ändern der Röstparameter (z.B. Größe der Gasflamme, Abluftregulation, Vorheitzemperatur, …) nach unseren Vorstellungen optimal an. Dabei spielen für uns Röst-Nerd:-)-Mäßige Überlegungen eine wichtige Rolle, wie z.B.:
- Aufbau ausreichenden Drucks zu Beginn der Röstung (weshalb zu lange Röstungen auch nicht gut sind…)
- bestimmtes, ausgewogenes Verhältnis zwischen Trocknungs-, Entwicklungs- (Maillard-) und Endphase
- stetige aber abflachende Temperatursteigerung innerhalb der Bohnenmasse
- stetig sinkende „Rate-of-Rise“ Kurve ohne „flicks“
- Bestimmtes Verhältnis vom Zeitpunkt des ersten Knackens zur gesamten Röstzeit
Das Abkühlen
Auch nach dem Verlassen der Rösttrommel gilt es noch eine wichtige Fehlerquelle zu vermeiden. Wenn die Bohnen nicht rasch runtergekühlt werden, würde der Röstprozess verlangsamt weiterlaufen, ohne das der Röstmeister seinen gezielten Einfluss darauf ausüben kann. Ab einer gewissen Chargengröße ist es jedoch eine echte Herausforderung die Bohnen schnell genug abzukühlen – wir streben maximal 4 Minuten bis zum Erreichen der Raumtemperatur an. Dafür haben wir in Leistungsfähige Zu- und Abluft sowie kühlende Klimatechnik rund ums Kühlsieb investiert, um das für die Qualität bedenkliche, aber bei Grossröstereien übliche, Kühlen durch Wasser zu vermeiden.
Das Ergebnis
All das Entscheidet, ob ein und dieselbe Bohne bei exakt gleichem Bräunegrad (>Röstgrad) rund, ausgewogen und aromatisch duftet und schmeckt, oder ob das Aroma als flach, „toastig“ oder „sauer“ empfunden wird. Auch die Magenfreundlichkeit wird bei einer optimalen Röstung verbessert, da z.B. Chlorogensäure und Trigonellin durch gleichmäßigere Röstung stärker abgebaut werden. Sogar das Verhalten der Bohnen während des Aufbrühens kann sich durch die Qualität der Röstung stark unterscheiden.
Lange Rede, traditionelle, handwerkliche Trommelröstung ist nicht gleich traditionelle, handwerkliche Trommelröstung, auch wenn sie prinzipiell IMMER besser ist als industrielle Massen-Heißluft-Schnellröstung im 60s Takt…